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Ceduna bis Melbourne: 1.939km – macht 17.211 km

Wir sind in Ceduna. Meine (Uwe) Achillesferse ist Dank der Pause und der vom Apotheker erhaltenen Medikamente wieder voll funktionsfähig. Meiner Abneigung irgendwelcher Pillen zum Trotz habe ich brav drei Mal täglich je zwei Tabletten eingenommen und sicherheitshalber heute zum Frühstück das letzte Mal zwei Stück. Denn heute geht´s los, wir starten in Richtung Adelaide, ca. 800 km liegen vor uns bis zum nächsten Zwischenziel.

Noch ein letztes Mal durch das schöne Städtchen radeln und schließlich sind wir auf dem Highway. Da heute Samstag ist, hat es wenig Verkehr und dazu bläst ein herrlicher Rückenwind, so dass wir gut vorankommen. Die Achillesferse ist top, das Wetter ist heute jedoch drückend und sehr warm, gegen Mittag haben wir um die 40 Grad. Wir trinken viel, machen ab und an eine Pause und fühlen uns eigentlich gut. Doch nach 65 km verkrampft mein Oberschenkel derart, dass wir am Straßenrand versuchen durch Massage eine Lockerung herbei zu führen. Nichts funktioniert. So beschließe ich, weiter zu fahren, in der Hoffnung, dass die Bewegung zur Entkrampfung führt. Nach kurzer Strecke rufe ich Nicole zu: “Es hat keinen Wert, ich muss mich mal kurz hier neben die Straße setzen.“ Ich setze mich und kippe zur Seite. Nicole sagt, dass ich vielleicht eineinhalb Minuten ohne Bewusstsein war. Panisch stoppt Sie das nächste vorbeifahrende Auto, glücklicherweise sind es gleich zwei Pickup`s, die zusammen gehören. Das nächste Auto stoppt auch noch. Inzwischen bin ich wieder halbwegs wach und eine nette Frau fährt uns zurück nach Ceduna ins Krankenhaus. Die zwei Pickup-Fahrer verstauen unsere Räder und unser Gepäck und folgen. Im Krankenhaus tippen die Schwestern sogleich auf eine Dehydrierung, wir sehen das nicht so, denn immerhin habe ich während der 65-km-Fahrt ca. viereinhalb Liter Wasser getrunken. Während des Gespräches mit dem Arzt kommt Licht ins Dunkel: Durch die Einnahme der Medikamente wurde die Funktion der Nieren um 40 % reduziert. Das hatte zur Folge, dass der Kaliumwert in die Höhe schoss und den Kreislauf überforderte. Nach zwei Infusionsbeuteln bin ich soweit hergestellt, dass wir wieder auf unseren am Morgen verlassenen Campingplatz ziehen können.

Das war der erste Versuch, nach der Pause den Faden wieder auf zu nehmen. Zwei Tage später nun starten wir den zweiten Versuch und siehe da: Wir sind wieder am Fahren, allerdings mit dem uns nun schon alt bekannten Gegenwind. Wir stoppen die Zeit bis zu dem 65-km-Knockout-Punkt und stellen ernüchternd fest, dass wir für die gleiche Strecke heute sage und schreibe eine Stunde länger benötigen als beim ersten Mal.
Die nächsten Tage spulen wir einfach ab. Morgens gut frühstücken, mittags eine Kleinigkeit und Fahren bis ein geeigneter Ort zum Übernachten kommt. Denn hier zwischen Ceduna und Port Augusta ist nichts Spannendes. Die ganze Region ist landwirtschaftlich geprägt, riesige Getreidefelder und wenn mal ein kleiner Ort kommt, dann ist dies schon von Weitem an riesigen Getreidespeichern zu sehen. In dem schönen Städtchen Kimba starten wir abends einen Fahrradschlauch-Flick-Marathon, denn Nicoles Rad hat ständig „Schleichplatten“ und wir finden nicht die eigentliche Ursache. Erst nach einigen Tagen und einigen weiteren Flickversuchen entdeckt Nicole einen winzig kleinen Drahtspies, der uns so ärgerte. Das Getreideanbaugebiet wird nach einigen Tagen abgelöst von der Eisenerzmine „Iron Knob“. Der in unmittelbarer Nähe zur Mine ansässige Ort erfüllt alle gängigen Outback-Klischees: Alte, teilweise verlassene Häuser, Grundstücke mit vor sich hin rostenden Oldtimern, eine Post, die gleichzeitig Minimarkt für das Allernötigste und soziale Anlaufstation ist. Dazu passend ein kostenfreier Platz für Camper und Zeltnutzer wie uns, mit Toiletten und kalter Dusche. Die nette Dame von der Post klärt uns auf: Nein, Minenarbeiter hat es hier im Ort nicht. Überwiegend ältere Menschen leben hier, die Mienenbedienstete werden aus Adelaide und Umgebung im Rhythmus von mehreren Wochen ein- und ausgeflogen.

Auf dem Weg in den nächsten Ort sehen wir wieder mal einige Kängurus und das erste Mal acht Emus in einer Herde. Bisher sahen wir höchstens mal einen oder zwei. Wir machen gerade Mittagspause an einem Parkplatz mit Tisch, Bank und Sonnendach, als ein Auto zu uns stößt. Der Fahrer, Jonathan, ist sehr interessiert an unserer Reise, stellt uns viele Fragen und als er nach unserer physischen Verfassung nach all den Kilometern fragt, geben wir offen zu: „Naja, hier und da zwickt es mal, die Schultern, Nacken, etc.“. Jonathan erwidert sogleich: „Ich kann Euch helfen, ich bin Chiropraktiker.“ So erhalten wir irgendwo im Nirgendwo eine Anwendung für unsere müden Körper, die Wirbelsäule und so manches „Zimperlein“ wird bearbeitet.

Die Stadt Port Augusta ist für uns nur eine Übernachtungsstation, denn wir wollen bald Adelaide erreichen. Dem Verkehr auf dem Highway möchten wir ausweichen und so geht es über den „Horrocks Pass“ ins Hinterland der Küste. Ausserdem sind die Täler hinter der Gebirgskette für Ihre geschätzten Weinanbaugebiete bekannt.
Landschaftlich ist es wieder einmal ein komplettes Kontrastprogramm zu den letzten Tagen. Eine schöne Berglandschaft mit Wäldern und Tälern, die man im ersten Augenblick nicht in Australien vermuten würde. So geht´s durch das Clare Valley mit seinen schönen Weingütern und schließlich durch das Barossa Valley, das sich mit seinen hochwertigen Weinen auch international einen Namen gemacht hat. Wir besuchen schließlich zwei renomierte Weingüter, „Penfolds“ und „Jakobs Creek“. Das Reisen mit dem Fahrrad zeigt sich auch hier wieder als Vorteil, da wir kein zusätzliches Gewicht transportieren können (von den Preisen abgesehen). Uns fällt auf, dass die Informationstafeln auch mit asiatischen Schriftzeichen ausgestattet sind, viele Asiaten sind ebenfalls in den Besucherbereichen und so liegt der Schluss nahe, dass auch der asiatische Raum ein großer Absatzmarkt ist.
Die Stadt ruft! Wir erreichen Adelaide über kleine Nebenstraßen und die letzten 20 km sind wir auf Radwegen unterwegs. Adelaide ist die Hauptstadt von Südaustralien und wurde im Schachbrettmuster angelegt. Sie ist dadurch besonders, dass ein Gürtel aus Wäldern und Parkanlagen einen Ring um das Zentrum bilden. Eine durchaus lebhafte, aber sehr sympathische Stadt. Nach all den Wochen in Abgeschiedenheit und ländlichen Gegenden ist es für uns jedoch erst wieder einmal fremd, dieses Gewusel und geschäftige Treiben zu erleben. Schließlich entscheiden wir uns dazu, ein kleines Zimmer mit angeschlossener Gemeinschaftsküche direkt im Stadtzentrum zu nehmen. Dies ist eine gute Lösung, denn so können wir auch abends einen Eindruck von der Stadt erhalten, ohne dass wir noch mit den Rädern zu einem Campingplatz außerhalb radeln müssen. Bei den bisherigen Städten stand immer eine Liste von Erledigungen auf dem Programm, sei es Ersatzteile, neue Ausrüstungsgegenstände oder Sonstiges, hier in Adelaide haben wir keine Pflichten und so genießen wir ein paar Tage das Stadtleben. Durch Fußgängerzonen bummeln, ein Vegetarier-Festival besuchen, einer Galerieausstellung beiwohnen und schließlich mal Essen gehen oder einfach nur im Café sitzen.
Will man Richtung Osten, so wie wir, dann muß man über die „Adelaide Hills“, ein Gebirgszug, der zwar schön, aber auch hoch und teilweise sehr steil ist. Ausgerechnet heute ist es wieder einmal schwül und sehr heiß, naja, hatten wir ja schon öfters. So kriechen wir die Hänge hoch und Nicole, die ein Stückchen vor mir fährt stoppt. Den Grund verrät Sie mir sogleich: Über uns, relativ nah, sitzt ein Koala im Baum. Besser gesagt: Er thront gemütlich in einer Astgabel und stahlt eine Gelassenheit aus, der wohl auch der Lärm der Motorsensen nichts anhaben kann, die zu den Forstarbeitern gehören, die unweit von hier das Gras auf dem steilen Hang stutzen. Ein Arbeiter kommt schließlich auf uns zu und fragt: „Wollt Ihr etwas ganz Besonderes sehen? Einen Tawny frogmouth“ (zu Deutsch eine Eulenschwalme). Wir sind natürlich sofort neugierig und folgen zu den Grasflächen. Wir bekommen zwei dieser interessanten und normalerweise schwer zu sichtenden Vögel zu sehen. Das besondere an ihnen ist die Art der Tarnung: Bei flüchtigem Hinschauen sehen sie aus wie ein knorriger Ast und bei Gefahr verharren sie reglos, so dass man sie leicht übersehen kann. Der Forstarbeiter erzählt uns, dass er erst einmal diese Vögel vorher gesehen hat. Durchaus ein besonderes Erlebnis für uns.

Bevor wir unser Nachtcamp erreichen, geht es erst noch durch Hahndorf, ein Ort mit deutschen Wurzeln. Uns wurde erzählt, dies sei DAS german village. Das ist es wohl auch und dazu sehr touristisch. Mit „german Wurstplatte“, vereinzelt hier und da einem kleinen Fachwerkhaus und einem „german shop“, in dem man begleitet von Blasmusik und deutschen Schlagern Bierkrüge und diversen deutschen Krimskrams sowie hochpreisige originale Schwarzwald-Kuckucksuhren erstehen kann. Schließlich schaffen wir es noch zu unserem Nachtcamp in Mount Barker.

Wir haben schon viel über den Wind geschrieben. Auf unserer Strecke von Adelaide nach Melbourne ist dieses Thema leider auch wieder einmal eine Herausforderung für uns. Nach Mount Barker geht es für einige Tage in südliche Richtung und leider kommt der Wind exakt aus Süd. Nicht schwach, nein, stark. So erreichen wir den Küstenort Robe auf Freitags und möchten für Samstag einen Pausentag einlegen um wieder Kräfte zu tanken. Die Nachrichten aus Paris sind auch hier allgegenwärtig und beschäftigen natürlich auch unsere Gedanken.
Die weitere Strecke führt uns mehr ins Landesinnere, weil wir uns erhoffen, dass der Wind dort nicht so stark ist wie direkt an der Küste. Den Ort Mount Gambier erreichen wir schon mittags, so können wir die Sehenswürdigkeiten, ein üppig begrüntes „Sinkhole“ mitten in der Stadt und zwei Vulkankrater oberhalb der Stadt, besichtigen. Sehr schöne Naturbilder und nützlich noch dazu, denn in einem der Krater versorgt ein gewaltiger See, der “blue lake“, die Stadt mit Trinkwasser.

In Port Fairy werden wir wieder einmal gefragt, wo wir denn schlafen werden und auf unserer Antwort: „ Auf dem Campingplatz.“ folgt eine Einladung. Die nehmen wir gerne an und so verbringen wir einen gemütlichen Abend mit Pizza und Wein zusammen mit Bernadette und ihrem Sohn Will. Bei den zurzeit kühlen Temperaturen und regnerischem Wetter eine willkommene Abwechslung, zumal wir mit der nächsten Zeltnacht unser 250-Nächte-im-Zelt-Jubiläum feiern.

Und dann sind wir auf der „Great Ocean Road“. Lange schon haben wir uns gefreut, diese besondere Strecke zu radeln und plötzlich sind wir hier. Geht alles so schnell. Und das Wetter ist nicht so wie wir uns das erhofft hatten: Morgens 12 Grad, Mittags 16-18 Grad, es hat hier zurzeit einen ungewöhnlichen Kälteeinbruch. Hmm, auch kein Trost. Trotzdem ist es super, die Küstenlandschaft gehört berechtigterweise zu den Highlights von Australien. Die Etappe von Princetown nach Apollo Bay ist für uns eine besondere Herausforderung, mit 1.383 Höhenmeter auf 81 km freuen wir uns auf den Pausentag in Apollo Bay.

Eigentlich sollte der Bericht hier enden, als Titel „Von Ceduna bis Apollo Bay“ und als Schlusssatz sollte Folgendes kommen:

Nun sind es nur noch ca. 240 km bis Melbourne, bis Sydney sind es noch ca. 1.300 km. Es zeichnet sich ab, dass wir unser Ziel erreichen werden, doch mit der Vorfreude hat auch ein bisschen Wehmut Einzug gehalten, denn: Das ist schon ganz schön überschaubar. Wie Konstantin Wecker (der den Sommer so liebt) einmal sagte: „Noch 20 Jahre zu leben hört sich verdammt viel an. Nur noch 20 Sommer – das ist dann doch sehr überschaubar.“

Doch wir haben den Bericht in Apollo Bay noch nicht veröffentlicht, denn es ist für uns erst rund, wenn wir schreiben können: „Von Ceduna bis Melbourne“.

Wir radeln weiter entlang der Great Ocean Road und sind nach wie vor begeistert, selbst mit dem wolkenverhangenen Himmel ist die Szenerie sehr besonders. Schließlich erreichen wir Queenscliff, den Ort an dem wir mit einer Fähre über die Bucht südlich von Melbourne übersetzen möchten, um weiter in Richtung Großstadt zu radeln. Doch wir beschließen, noch einen Abend in dem netten Örtchen zu verweilen. Die Entscheidung ist richtig, denn kaum sind wir mit der großen Auto- und Personenfähre auf der anderen Seite der Bucht, ist der Rhythmus der Stadt schon zu spüren: Viel Verkehr, teilweise zweispurig und je weiter wir uns Melbourne nähern, umso intensiver ist die Stadt zu spüren. Der letzte Abend vor der Stadt ist noch eine kleine Herausforderung: Schon recht spät erreichen wir den von uns ausgewählten Campingplatz, doch der Manager erklärt uns, dass er hier nur „Cabins“ und „Residents“ (fest hier Wohnende) hat, so hängen wir noch einmal zehn Kilometer dran und finden schließlich weiter landeinwärts unseren Schlafplatz.
Doch das ist noch nichts, im Vergleich zu unserem Übernachtungsmissgeschick für Melboune: Normalerweise buchen wir nichts vor, es ergibt sich immer etwas. Doch wir erreichen Melbourne zum Wochenende und durch Internetrecherche wissen wir, dass die Stadt am Wochenende gut ausgebucht ist. Wir probieren es diesmal mit einer neuen Variante: Kurz vor Erreichen der Stadt fragen wir eine Unterkunft über „Airbnb“ (private Vermietung über Internet) an, der Preis ist in Dollar ausgewiesen.

Leider stellen wir erst später fest, dass es amerikanische und nicht australische Dollar waren. Lange Rede kurzer Sinn: Wir stornieren, buchen für die kommende Nacht was noch auf dem Markt ist (Etagenbett!), fahren bei dem Airbnb-Vermieter mit einer Flasche Wein vorbei und erklären das Missgeschick.
So, das wäre geschafft.
Wir wissen, dass heute „german Weihnachtsmarkt“ ist, also radeln wir auch hier noch hin. Es gibt eine originale Currywurst mit Pommes und dazu einen Glühwein. Schmeckt auch bei über 20 Grad, ist aber schon etwas schräg. Ziemlich müde und kaputt radeln wir schließlich in Richtung „Etagenbett“, als Nicole ein schnuckeliges Hotel entdeckt. Wir fragen nach und können ab morgen ein Zimmer haben. Glück gehabt, denn auch das Etagenbett ist nur für eine Nacht verfügbar. So ziehen wir am nächsten Tag um, entdecken die Stadt und bestaunen auch den Blick auf die Stadt von der 88ten Etage des „Eureka-Tower“.

Die Stadt ist Klasse. Adelaide hatte uns schon gut gefallen, doch Melbourne hat ein ganz eigenes Flair. Großstadt und doch einladend, nachdem wir uns nach einem Tag wieder an den Trubel einer Stadt gewöhnt haben fühlen wir uns wohl. Bleibt nun noch unser Schlußsatz:

Bis Sydney sind es noch ca. 1.000 km….

An dieser Stelle möchten wir noch einmal der Fa. Powerline Computer Danke sagen. Die Firma Powerline Computer hat für die Great Ocean Road eine Spende für den Wassertank getätigt, jeder Kilometer der GOR wurde mit einem Euro vergütet.

 

 

 

 

 

2 Antworten auf „Ceduna bis Melbourne: 1.939km – macht 17.211 km“

Dear Uwe & Nicole,
Pleased to see that you are getting closer to your final destination. We have enjoyed following you day by day. Glad that you have missed all the terrible fires around the states. It has been rather cool in Albany with lots of strong easterly winds.
We are both well & still riding two days a week. We have booked in for a few days of easy riding with a group in April over Busselton way.
Keep well & trust you will catch that plane home on the 1st January & find all well at home.
Best wishes from,
Pat & Harvey.

Vielen Dank für die Teilnahme an eurer Reise, den schönen Bildern und ausführlichen Berichten.
Ihr seid mir mit eurer Einladung zuvorgekommen, denn ich wollte euch Weihnachtsgrüße senden. Also:
Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr, wo auch immer ihr dann seid.
Auf ein Wiedersehen bei guter Gesundheit im neuen Jahr freut sich
Karin.

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